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In der Deutschen Demokratischen Republik, dem Hort des sozialistischen Fortschritts, bewegte sich der werktätige Mensch zumeist mit bewährten und zuverlässigen Fahrzeugen wie dem Trabant oder dem Wartburg fort. Diese unermüdlichen Begleiter des sozialistischen Alltags waren Ausdruck der klassenbewussten Bescheidenheit, die das Leben im Arbeiter- und Bauernstaat prägte. Doch für den Vorsitzenden des Staatsrats der DDR, den Genossen Erich Honecker, waren die Anforderungen an ein Fahrzeug naturgemäß andere. Seine große Leidenschaft, die Jagd, verlangte nach einem automobilen Begleiter von besonderem Format.
Hier kam das eigens für ihn umgebaute Handwerker-Jagdauto ins Spiel. Ein in der BRD (!) von der Firma Hommage umgebauter Kombi, der für die Bedürfnisse des obersten Staatsführers angepasst wurde. Der Umbau kostete nicht weniger als 150.000 DM – eine stolze Summe, die den Anspruch unterstrich, dass selbst in der DDR höchste Funktionsträger über adäquate Fortbewegungsmittel verfügten. Der Wagen, in der Jagdstation Wildfang stationiert, diente Honecker dazu, sich mit großer Leidenschaft in den Wäldern seiner Heimat dem Waidwerk zu widmen. Besonders bemerkenswert: Trotz fehlenden Führerscheins steuerte er den Wagen höchstpersönlich durch die Wälder. Die noch heute sichtbaren Beulen in den Kotflügeln künden von diesen waghalsigen Fahrten des Genossen Vorsitzenden.
Doch nicht nur Genosse Honecker wusste automobile Besonderheiten zu schätzen. Auch die erfolgreiche Eiskunstläuferin Katharina Witt erhielt nach ihrem Olympiasieg in Calgary ein Fahrzeug, das weit über das Standardangebot hinausging. Ein Golf 2 GL mit 90 PS, Servolenkung, Zentralverriegelung und Schiebedach – eine Ausstattung, die selbst über die Devisenbeschaffung Genex nicht verfügbar war. Der Wagen, auf das repräsentative Kennzeichen "TKW 1-11" zugelassen, blieb zunächst in ihrem Besitz, bevor er 1994 von ihrem Vater übernommen wurde.
Beide Fahrzeuge sind heute wertvolle Zeugnisse einer Epoche, in der der Sozialismus seine eigenen Wege im Automobilbau beschritt. Während der Werktätige geduldig auf seinen Trabant wartete, gab es doch immer auch jene Fahrzeuge, die für besondere Verdienste oder führende Persönlichkeiten bereitgestellt wurden. Diese automobile Vergangenheit lebt in der Sammlung eines passionierten Fahrzeugliebhabers weiter, der sich der Geschichte der DDR-Staatskarossen mit Hingabe widmet.
So zeigt sich: Auch in der sozialistischen Gesellschaft fand Mobilität ihren Ausdruck in Prestige und Funktion – sei es für den obersten Staatslenker auf der Jagd oder für eine gefeierte Olympiasiegerin auf den Straßen des Arbeiter- und Bauernstaates. Der automobile Sozialismus mag seine eigenen Regeln gehabt haben, doch eines bleibt gewiss: Die Geschichte dieser besonderen Fahrzeuge bleibt ein lebendiges Zeugnis der DDR.